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Die Kieferninsel von Marion Poschmann

Im Buch Die Kieferninseln von Marion Poschmann steht eine Beschreibung von Reisegründen in Japan. Einer meiner Gründe zu eigenen Japanreisen war selber natürlichen Ursprungs. Die Kirschblüte – Sakura!

Ansonsten ja/nö als Empfehlung. Von Undenkbarkeiten in Deutschland und von vollkommen nutzlosen Sitten zu lesen in Zusammenhang mit den unten beschriebenen Gedanken und Taten: einfach nich meins. 

“Undenkbar in Deutschland, daß man sich … auf den Weg machte wegen eines einfachen Baumes, wegen Blättern! Der Japanische Ahorn mit seinem filigranen Blattwerk nahm wie der amerikanische Zuckerahorn eine karminrote Färbung an, wenn im Herbst eine Periode sonniger, milder Tage und kalter, schon frostiger Nächte einsetzte. Das japanische Fernsehen berichtete täglich über den Verlauf der Farbwanderung, und eine große Anzahl von Enthusiasten richtete sich nach diesen Angaben und brach auf, fuhr hin. Gilbert hatte sich in den vergangenen Tagen daran gewöhnt, daß man einen Ausflug unternahm, um Bäume zu bewundern, eine vollkommen nutzlose Sitte, die aber in der japanischen Kultur tief verwurzelt blieb. … Die Schau der Naturerscheinungen war weder mit Kunst noch mit Architektur, noch mit Geschichte verbunden, sie war zart und geheimnisvoll, und wenn daraus doch eine Form von Bildung erwuchs, ließ sie sich hinterher weder erklären noch abrufen.”

Beutel, Kleider, Rezensionen. Synapsenflackern 1 bis 3

Die Brotmeisterei Steinecke ziert ihre Brotbeutel mit dem sehr schönen Slogan 
Wenn Brötchen dann Steinecke


Etwas sperrige Kleiderbezeichnungen spendiert Naketano seinen Kleidern. Ob Kundinnen die Namen der Kleider per Mund-zu-Mund-Propaganda verbreiten, ist nicht gesichert: Auf Detlef Caktir. Doofmann II.  

update 3.1.2018: Dass Naketano zweifelhafte Kleidernamen verwendet ist schon Thema geworden. FAZ-Nachricht Naketano stellt völlig überraschend den Betrieb ein.


Auf dem Buchdeckel des Romans Swing Time von Zadie Smith sind einfach feine Rezensionen versammelt: 

  • Superb schätzt die Financial Times,
  • Breathtaking labelt TLS und
  • Brilliant findet es der Guardian.

Im Buch selber finden sich andere Rezensionskonzentrate einer a-third-whatever-it-was-Leserin

  • “Zippy – which was good;
  • Important – which was very good;
  • Controversial – which could be either good or bad, you never knew; or
  • Lidderary, which … was very bad.” (S. 133)

Gefreut habe ich mich über ein Wort in diesem Satz. How happy it would have made him, even now, to be schlepping chairs across the road, adjusting the microphone, shushing the audience in preparation for my mother to come on Stage! (S. 241)

Mehr Ein-Wort-Rezensionen, denn in den Werken selber stehen ja genug der Worte.

Jean-Jacques Rosseau bekennt

Schon lang nicht mehr las ich so feine Sätze wie in Jean-Jacques Rosseaus Bekenntnissen und es dünkt mich, dass unsere Zeit den Wert dieses Sprachstils und das bescheiden vorgetragene Selbstbewußtsein des Autors eher nicht erkennt und goutiert. Drückte der Satz meine Wertschätzung hinreichend aus? Wie auch immer, unten ein Stück Original. Rosseau über sein Selbststudium …

“Ich begann mit philosophischen Werken, … Bald wurde mir gewahr, dass all diese Schriftsteller sich fast dauernd gegenseitig widersprechen, und ich entwarf den phantastischen Plan, sie in Übereinstimmung miteinander zu bringen, was mich äußerst ermüdete und viel Zeit verlieren ließ. Ich verwirrte mir nur den Kopf und kam nicht vorwärts. Schließlich gab ich diese Methode auf und befolgte eine unendlich bessere, der ich alle Fortschritte beimesse, die ich trotz meines Mangels an Fassungsgabe gemacht haben mag … Ich machte es mir beim Durchlesen jedes Schriftstellers zum Gesetz, nur seinen Gedanken zu folgen, ohne die meinen oder die eines anderen mit hereinzuziehen und ohne mich jemals auf einen Streit mit ihm einzulassen. Ich sagte mir: zunächst will ich mir einen Vorrat von klaren Begriffen verschaffen, seien sie nun wahr oder falsch, und dann abwarten, bis ich in meinem Kopfe deren genug gespeichert habe, um sie miteinander vergleichen und eine Auswahl treffen zu können. Diese Methode ist nicht ohne Überstand, ich weiss es, aber meinen Zweck, mich zu unterrichten, hat sie mir erreichen helfen.

Nachdem ich einige Jahre damit verbracht habe, ausschließlich die Gedanken anderer nachzudenken, und zwar sozusagen ohne nachzudenken und fast ohne zu überlegen, besass ich meines Erachtens eine genügend große Grundlage von Kenntnissen, um mir fürderhin selbst zu genügen und ohne den Beistand anderer selbständig zu denken. Wenn es mir dann Reisen und Geschäfte unmöglich machten, meine Bücher zu befragen, habe ich meine Freude daran gehabt, das, was ich gelesen, zu durchdenken und zu vergleichen, jegliches Ding auf der Waage der Vernunft zu wägen und dann bisweilen sogar ein Urteil über meine Lehrer zu fällen. Ich habe nicht gefunden, dass mein Urteil, obgleich ich erst so spät zu üben begann, dadurch etwas an Kraft eingebüsst hätte, und als ich später meine eigenen Gedanken veröffentlichte, hat man mich nicht beschuldigt, ein abhängiger Schüler zu sein und in verba magistri zu schwören.” (aus Bekenntnisse (Sechstes Buch 1736-1741) von Jean-Jacques Rosseau)

Lesesession zum Jahreswechsel

[ .|- ] [ .|- ] [ .|- ] [ .|+ ] [ .|+ ] [ .|+ ] Ist unterm Strich mehr Plus? Die – von mir aus – gerne!

. . . + +Pfaueninsel von Thomas Hettche
. . . + + + Der Trafikant von Robert Seethaler
. . . + +Erzählungen von W. Somerset Maugham
. – – . . . Avenue of Mysteries von John Irving
. ? ? ? ?H wie Habicht von Helen Macdonald
. . . + . . Sterben von Karl-Ove Knausgård
. ? ? ? ?Jahrestage von Uwe Johnson

Mehr Worte zu den o. g. Büchern …  Continue reading

Top! Verkaufsargumente auf Buchdeckeln

  • Ein-Wort-Rezensionen

für Orhan Pamuks My Name Is Red: ‘Wonderful.’ Spectator, ‘Magnificent.’ Observer, ‘Sumptuous.’ New Yorker und ‘Unforgettable.’ Guardian

für Anthony Doerrs All The Light We Cannot See: ‘Sublime‘ The Times, ‘Magnificent‘ Guardian (update 30.05.2016)

  • Richtungsweisende Preisberücksichtigungen

für Chimamanda Ngozi Adichies Americanah: BAILEYS Women’s Prize for Fiction | 2014 | Shortlisted

Buch – Ole Bienkopp von Erwin Strittmatter

Das Buch ist in den 60er Jahren erschienen und erzählt von der Dorfgemeinde Blumenau in der Ole Bienkopp lebt und nach bestem Wissen und Gewissen Landwirtschaft betreibt. Das Leben sagt: der Freund Anton Dürr wurde von einem Baum erschlagen, Frau Anngret zieht es zum Sägemüller Ramsch und was dieser mit den Tod von Anton Dürr zu tun hat? Ungewiss. Ole Bienkopp krempelt die Ärmel hoch und gründet in Antons Sinne BLÜHENDES FELD: einen bäuerlichen Zusammenschluss neuen Typus. Über das Wirken und Gegenwirken in dieser Dorfgemeinschaft und in seinen politisch angeschlossenen Institutionen erzählt das Buch.

Mir war nicht bewusst, dass in den ersten Jahrzehnten der DDR, Texte entstanden, die so …unverblümt… das Leben in der Republik beschrieben.

Anbei das Kapitel in dem der Dichter Hans Hansen das Dorf für eine Lesung besucht. Schön, das Einlassen des Publikums auf die Lesung und das Anbieten von Nachhilfe in Sachen Landgedichte. Hat was gültiges: das Ringen um das Wesen des Tuns. Und immer heikel: vor Experten poetisch sein.  Continue reading

Tschick von Wolfgang Herrndorf

Tschick der coming-of-age Roman im Roadmovie-Stil durch den Osten Deutschlands ist schnell gelesen – page-turner!

Aus dem Buch Sand von Herrndorf reicht diese Stelle: “Sein Blick fiel auf Hunderte kleiner Bläschen, die durch das Umrühren in der Tasse entstanden waren und sich nun zu einem kreiselnden Teppich zusammenschlossen. Als die Rotation schwächer wurde, wanderten die Bläschen zum Tassenrand, wo sie sich zu einem ringförmigen Wall auftürmten. Im Innern jedes Bläschens war ein kleiner Kopf eingeschlossen, der ihn mit zusammengekniffenen Augen anstarrte, in den kleinen Bläschen ein kleiner Kopf, in den mittleren ein mittlerer und in den großen ein großer. Das Auditorium verhielt sich militärisch synchron und verfiel für einige Sekunden in eine Art Totenstarre. Dann wurden alle Köpfe plötzlich größer, und als Polidorio ausatmete, starb ein Viertel seines Publikums.”

Literarische Reisegesellschaften

Gruppenbild mit literarischen Figuren und Autoren für eine Wanderung

z. B. zusammen stehend: Candide, der Taugenichts, Simplicissimus, Michael Kohlhaas und Heinrich Heine …oder jeweils die Autoren; Im Hintergrund: Die Kutsche Heines und ein Haufen Wanderstöcke mit Bündeln | Die Gesellschaft könnte es ziemlich schnell versprengen.

Irmgard Keun. Das kunstseidene Mädchen

Zwei Tage schon freute ich mich auf den Nachmittag. Da tauchten die Gedanken ab in das Berlin nach den goldenen 20ern. Das kunstseidene Mädchen berichtet sein Leben und das in der Sprache der damaligen Zeit! Der Text: dufte. Die Zeiten: schwer.

Personen, Orte und Stimmungen steigen schnell in Bildern im Kopf auf. So wie der Federweißer, den es gestern dazu gab. Meine Empfehlung für dieses …öhm… Zeitzeugnis! Auch ohne Federweißer.

four-in-one and more

Gerade beim Einkaufen…

x) Ein Mann, der aussah wie Michel Houellebecq sicher in 20 Jahren aussehen wird, ging am Einkaufszentrum vorbei. Er trug einen beigen Trenchcoat und einen schwarzen Jutebeutel mit dem Schriftzug You are a virgin aren’t you?

x) Eine Frau, die aussah wie Helene Hegemann, saß in der Drogerie an der Kasse.

x) Im Supermarkt gab es neue Einkaufswagen. In einer der nächsten Versionen wird mir der Griff der Wagen sicher bis zum Kinn reichen.

x) Ein Kleintransporter mit der Aufschrift “eXpress. Non-Food and more” fuhr an mir vorbei.
Interessant, was die Firma wohl noch alles nicht anbietet.

Krimis von Wolf Haas

Die letzte Woche in Münster hab ich die Krimis von Wolf Haas entdeckt. Der Name allein Schalk im Nacken. Der Ausdruck am Anfang gewöhnungsbedürftig. Doch als ich bei meiner Vorgabe – mindestens 50 Seiten zu lesen – ankam und mit der deutschen handlosen Frau neben dem Detektiv Brenner auf der Autobahn fuhr, haben mich die Krimis gefangen genommen. Nun Feuerwerk.

“Auf den Feldern haben sich vereinzelt Alkoholleichen erhoben und langsam auf dem Heimweg gemacht, irgendwie ein ergreifender Anblick, fast wie die Flamingos in einem Tierparadies.” (Aus: Komm süßer Tod)

“Bevor dann die Fetzen geflogen sind, hat der Brenner sich wenigstens noch einmal richtig ausschlafen können. Der hat am Sonntag morgen geschlafen, als hätte es keine Internatsklingel gegeben. Das Weckläuten verschlafen, das Frühstudium verschlafen und sogar um halb acht die Sonntagsmesse verschlafen. | Jetzt Geheimnis dahinter wieder nur lateinisch erklärbar: Ohropax. Weil der Brenner hat am Samstag abend noch bei der Nachtapotheke vorbeigeschaut. … wie die Apothekerin dann bei ihrem Fensterchen aufgetaucht ist, hätte er fast seinen Wunsch vergessen, sprich Ohrenfriede. Weil Notapothekerin Augenweide, dass es ihm regelrecht die Sprache verschlagen hat. | Irgendwie muss er sich dann aber doch verständlich gemacht haben, sonst hätte er nicht in diesem wunderbaren Privatsilentium bis in den Vormittag hinein schlafen können. | Aber im Leben immer wieder interessant: Der eine schläft, der andere spielt Tischfussball. …” (Aus: Silentium!)

Strawberry fields forever

Die letzte Woche wurde nach Feierabend in einem Landgasthof in Münster in Wolf Haas-Krimis geschmökert. Passend zu den Krimis diese Geschichte von einem Kollegen.

Es gibt im Spreewald nun einen Erdbeerbauern. Die Oma meines Kollegen – alte Bauerngeneration – konnte das nicht glauben. Der Boden hat an einen Erdbeeranbau bis dato nicht denken lassen. Der Bauer hub Gräben für die Erdbeerreihen aus, Folie reingelegt und ein Dränagesystem. Nun liegen und wachsen die Erdbeeren über dem Spreewaldboden. Erdbeeren fürs Auge 1A. Die Felder wurden vor Waldgetier geschützt. Wenn ein Reh einmal über den Zaun springt, kann es vorkommen, dass es Sprung heraus vom Folienboden aus nicht schafft und im Erdbeerfeld verendet. Strawberry fields forever!

Als ob Du auf der Reise ins Schlaraffenland Dich in den Berg aus Grießbrei schlemmst und in der Mitte des Berges der Brei Dir über dem Kopf zusammenschlägt. Ein schaurig-süßer Tod.
Für das Reh im Erdbeerfeld ein fruchtig-trauriger Tod.

Doch hier heißa-die-hoppsasa meine Empfehlung für Wolf Haas’ Krimis mit zwei Textpassagen.

Buch – Nachruf von Stefan Heym

Ich habe mich beim Lesen dieser Selbstbiographie in Romanform von Stefan Heym vor Jahren gefragt, wie es das Buch schafft, mich so einzunehmen. Die Romanfigur gibt sich bescheiden und bekam meine Anerkennung schnell und umfassend. Mehr noch: meine Hochachtung. Geradezu aufschauen musste ich zu Helmut Flieg beim Lesen, der sich in seiner Bescheidenheit auch noch gelassen zeigt. Liebenswürdig kann man sein Licht unter den Scheffel zu stellen und dadurch den Raum erhellen?.!

Eines der Bücher bei deren Lesen ich mich auf das Wiederlesen freute! Das steht noch aus.

Preise für Literatur

Was sind die Preise der Literatur wert?

Einmal werde ich …

Urlaub nehmen zu Zeiten des Ingeborg-Bachmann-Preises und die gesamte Live-Übertragung verfolgen. Ja, das ich mal!

Ansonsten mein offenes Ohr für Eure Empfehlungen und manchmal eine Idee aus den Long- und Shortlists von Literaturpreisen.

In Kürze einige Links und Kurzbeschreibungen an dieser Stelle:
– Man Booker und weitere Preise für englischsprachige Literatur
– Literaturpreise im deutschsprachigen Raum
– Angouleme Comic Festival