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Bs. As. Endstand

Es ist wieder eine Menge Zeit vergangen und keine war dabei, den Blog zu aktualisieren. Nun aber – im Zug nach Tucumán – Zeit und Muse meinem Aufenthalt in Buenos Aires (Bs. As.) eine würdige Beschreibung zu geben. Eine würdige wäre listenartig und übergangslos. Die Tage dort bescherten mir ganz unterschiedliche Eindrücken und Ideen – manchmal ohne Umschaltzeit. Das gefiel und passte!

Hausfassaden mit starken Motiven, die Lust machen selber zum Pinsel zu greifen. Universitätsgebäude unglaublich monströs – wie Raumschiffe im Grünen. …für Leute, die in Greifswald studiert haben. Ach, Berlin is doch och ‘n Dorf. Noches de la/los something mit Bühnen auf stillgelegten, vielspurigen Magistralen und in Shopping-Malls, Leute tanzen zu regionalen Volkstänzen. Moderatoren in weissen Anzügen kündigen melo-dramatische Tangovorträge an. Leute tanzen zwischen den Bühnen. Ich wünschte in Berlin würde es mehr offene Kultur-Veranstaltungen geben. Die Museen waren sehr unterschiedlich. Das MACBA mit seiner ständigen pop-artigen Kunstaustellung hat mir nicht viel gesagt. Graciela Hasper hatte mit Gramática del Color eine Einzelausstellung. Ich habe das Vertrauen, dass es noch mehr und andere grammatikalische Untersuchungen zur Farbe gibt. Das MNAC war eher nach meinem Geschmack. Am besten fand ich die Art und Weise der Präsentation. Jedes Kabinett in einer eigenen Farbe. Nicht zurückhaltend pastellartig, nicht weiss. Die Bilder mit Lichtspots ausgeleuchtet. Im hinteren Teil gab es Säle mit Petersburger Hängung. (Ihr guckt bitte nach, was das bedeutet. Ich wußte auch nur, dass es dafür einen Begriff gibt.) Vitrinen mit Schmuck, Waffen und Geschirr und Fächern. Fächervitrinen sind bei meinem nordeuropäischen Verständnis noch immer eine hübsche Ueberraschung. Die Überraschungen sind bisher in Tokio, Sevilla und Bs. As. gelungen! Das MALBA war der Hit! … Das ökologische Reservat (Resérva Ecologico) vor dem modernen Puerto Madero, in dem wir sicher nicht mehr als zehn bei regendrohenden Tagen waren – die Millionen dann in den Strassenschluchten ganz in der Nähe. Die Asados in San Telmo (Desnivel und Nuestro Asado) mit Choripán, Morcipán, Vaciopan bis zum Abwinken. Villas als no-go-Areas die keine fünf Minuten von geschäftigen Barrios liegen, zum Beispiel in La Boca oder Retiro. Eine kleine Traurigkeit, dass Gegenden ohne offensichtliche Mauern versperrt sind und ein Schmunzeln bei der Erinnerung an die Zeit, in der in Deutschland über bestehende No-Go-Areas gemutmasst wurde. Ich hoffe, so etwas wird es in Deutschland nie geben! Viele kleine Handwerkerwerkstätten in Las Barracas und ein gutes Gefühl unter porteños zu sein in Boedo. Im Teatro Colón der Innenraum superb und die Vorstellungen auch. Ein Ballett (La Cenicienta) und eine Oper (Balle en Maschera) mit einer bewegenden Zugabe in Gedenken an ein verstorbenes Teatro-Mitgliedes. Pipi in den Augen. Ein vielleicht despektierlich anmuter Ausdruck, den ich mal auf FB gelesen habe. Er stimmt mit den Emotionen und dem Theater-Ambiente überein. Im Appartment die Sondervorstellungen der streitenden Nachbarn im Hof. Eher ein Wochenendritual, das unter der Woche einwenig geprobt wurde. Die gelungene Vorstellung dann, wenn Nachbarn in den Hof riefen “Eh guapa, guapa. Calmate!” …oh, Verdammt ich hab eine Tango-CD im Appartment vergessen. Im Barrio Once wuselige Geschäftigkeit auf den Wege und volle Strassen. Klar, besser geht es sich ohne Termine. Ziemlich früh gelernt: sich besser nicht in unbekannte Türrahmen zu setzen. Es könnten Sammelpunkte für umherstreunende Hunde und ihre flohige Freunde sein. Na ja, irwas beisst immer.

Und nun im Zug nach Tucuman. Der Zug fuhr am Montagmorgen (9 Dezember 2013) los. Ich hätte ihn fast übersehen, da er auf einem Gleis neben dem mir angekündigten stand, das sogar mit den richtigen Halteorten ausgeschildert war. Dann noch einmal Schlafen in den Tag wie ein Stein und vom Teatro träumen. Der Zug schaukelt gut. Vor die Fenster sind Plexiglasscheiben gesetzt. Ich dachte als Schutz vor Steinewerfern. Da die Gleise nicht weiträumig freigehalten werden, knallen gegen die Scheiben mal lauter mal leiser Baumausleger, Hecken, Gräser. Das gibt ihnen ein verschrammtes Aussehen und die Landschaft bleibt schleierhaft. Auch eine Möglichkeit Infrastruktur zu managen, wenn  anscheinend zu wenig Ressourcen vorhanden sind: punktuell nachbessern und das Netz sich selber überlassen.

So meine Lieben. In den letzten Tagen habe ich zu Bs. As. das Zitat mitgenommen: “Wenn Du einmal drin bist, kommst Du nicht mehr raus.” Aber es gab auch ‘ne Menge zu sehen, zu tun und zu erleben. Nun ist der Sprung geschafft und bin auf die kommenden drei Wochen durch Argentinien gespannt.

Mein Plan ist …huch, hab noch keinen Konkreten. Vielleicht gleich morgen weiter in den Norden und dann von dort die Route 40 an den Anden entlang in den Süden oder … Lasst Euch überraschen. Ich tue es auch.

LG Heide

Nachtrag: einen Tag später schreibe ich hier in einer Pizzeria in Tucuman den Eintrag zu Ende. Mein Bus geht nachher (11 Dezember 2013) nach La Quiaca an die bolivianische Grenze. Wir werden morgens gegen 5 Uhr da sein. Ich freu mich auf den Ort und schaue vllt mal nach Bolivien rüber. Seit gegrüßt!