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Jean-Jacques Rosseau bekennt

Schon lang nicht mehr las ich so feine Sätze wie in Jean-Jacques Rosseaus Bekenntnissen und es dünkt mich, dass unsere Zeit den Wert dieses Sprachstils und das bescheiden vorgetragene Selbstbewußtsein des Autors eher nicht erkennt und goutiert. Drückte der Satz meine Wertschätzung hinreichend aus? Wie auch immer, unten ein Stück Original. Rosseau über sein Selbststudium …

“Ich begann mit philosophischen Werken, … Bald wurde mir gewahr, dass all diese Schriftsteller sich fast dauernd gegenseitig widersprechen, und ich entwarf den phantastischen Plan, sie in Übereinstimmung miteinander zu bringen, was mich äußerst ermüdete und viel Zeit verlieren ließ. Ich verwirrte mir nur den Kopf und kam nicht vorwärts. Schließlich gab ich diese Methode auf und befolgte eine unendlich bessere, der ich alle Fortschritte beimesse, die ich trotz meines Mangels an Fassungsgabe gemacht haben mag … Ich machte es mir beim Durchlesen jedes Schriftstellers zum Gesetz, nur seinen Gedanken zu folgen, ohne die meinen oder die eines anderen mit hereinzuziehen und ohne mich jemals auf einen Streit mit ihm einzulassen. Ich sagte mir: zunächst will ich mir einen Vorrat von klaren Begriffen verschaffen, seien sie nun wahr oder falsch, und dann abwarten, bis ich in meinem Kopfe deren genug gespeichert habe, um sie miteinander vergleichen und eine Auswahl treffen zu können. Diese Methode ist nicht ohne Überstand, ich weiss es, aber meinen Zweck, mich zu unterrichten, hat sie mir erreichen helfen.

Nachdem ich einige Jahre damit verbracht habe, ausschließlich die Gedanken anderer nachzudenken, und zwar sozusagen ohne nachzudenken und fast ohne zu überlegen, besass ich meines Erachtens eine genügend große Grundlage von Kenntnissen, um mir fürderhin selbst zu genügen und ohne den Beistand anderer selbständig zu denken. Wenn es mir dann Reisen und Geschäfte unmöglich machten, meine Bücher zu befragen, habe ich meine Freude daran gehabt, das, was ich gelesen, zu durchdenken und zu vergleichen, jegliches Ding auf der Waage der Vernunft zu wägen und dann bisweilen sogar ein Urteil über meine Lehrer zu fällen. Ich habe nicht gefunden, dass mein Urteil, obgleich ich erst so spät zu üben begann, dadurch etwas an Kraft eingebüsst hätte, und als ich später meine eigenen Gedanken veröffentlichte, hat man mich nicht beschuldigt, ein abhängiger Schüler zu sein und in verba magistri zu schwören.” (aus Bekenntnisse (Sechstes Buch 1736-1741) von Jean-Jacques Rosseau)

four-in-one and more

Gerade beim Einkaufen…

x) Ein Mann, der aussah wie Michel Houellebecq sicher in 20 Jahren aussehen wird, ging am Einkaufszentrum vorbei. Er trug einen beigen Trenchcoat und einen schwarzen Jutebeutel mit dem Schriftzug You are a virgin aren’t you?

x) Eine Frau, die aussah wie Helene Hegemann, saß in der Drogerie an der Kasse.

x) Im Supermarkt gab es neue Einkaufswagen. In einer der nächsten Versionen wird mir der Griff der Wagen sicher bis zum Kinn reichen.

x) Ein Kleintransporter mit der Aufschrift “eXpress. Non-Food and more” fuhr an mir vorbei.
Interessant, was die Firma wohl noch alles nicht anbietet.

Einfach mal nichts tun! In Paris.

Letztes Wochenende in Paris. Den sonnabendlang abgemattet. Das musst Du Dich auch erstmal trauen!

Vom Flughafen Paris-Orly in das Viertel Marais wurde mir im Zug gleich ein Hinweis auf die koloniale Vergangenheit Frankreichs gegeben. Ich mochte das nordafrikanische Viertel um den Gare du Nord und den stadtauswärts gerichteten Teil des Montmartre. Am Sonntag ein Halbmarathon-Läufchen im Sonnenschein und am Montag dann an den touristischen Highlights vorbei spaziert. Ein Besuch in den Museen steht noch aus! Amelies Welt ist sicher nett im Frühling.

Film – Das Schmuckstück mit Catherine Deneuve

In diesem französischen Film überwindet die Dame des Hauses ihre dekorative Funktion der Ehe-, Hausfrau und Mutter und findet ihren Weg in die Politik. Unter anderem wegen der dekorativen Filmausstattung, wegen des eleganten Tragens feinster Jogginganzüge, wegen der Chuzpe der weiblichen Filmfigur (Catherine Deneuve als Suzanne Pujol) und wegen der Gesangseinlage in der Schlussszene mag ich diesen Film sehr.

Potiche von François Ozon mit Catherine Deneuve und Gérard Depardieu, 2010